Links, Rechts, Gender

Es ist Erfahrung aus der Geschichte, dass Gesellschaften, in denen es große Unterschiede z.B. nach Klassen, Volksgruppen oder Religionen gibt, leichter gespalten werden können. Populisten können die verschiedenen Gruppen gegeneinander hetzten, wenn sie die Unterschiede betonen, Teile der Gesellschaft abwerten und ausgrenzen. Dieser Mechanismus funktioniert in jeder Richtung, wenn wir es zulassen. Im Buch/Film „Die Welle“ wird das eindrucksvoll thematisiert. (Zusammenfassung) Das führt dann in letzter Konsequenz zu Krieg, Massaker, oder Lynchjustiz.

Es fallen bei diesen ganzen Diskussionen um „politisch Rechts und Links“ vor allem fünf Begriffe auf. Die ersten drei sind die Kampfbegriffe der Französischen Revolution:

Differenzieren ist wie immer der Goldstandart

Freiheit

  • meine ich meine persönliche Freiheit?
    • Wie weit kann ich gehen?
    • Nie gibt es unbeschränkte persönliche Freiheit, es gibt Regeln nach denen ich mich richten muss, z.B. mit dem Auto auf der rechten Straßenseite fahren, oder angezogen in der Öffentlichkeit aufzutreten. Was ich allerdings anziehe, ob Jogginghose oder Kleid, ist egal (mehr oder weniger).
    • welche Freiheit hat mein Nachbar oder Kollege? Was kann ich akzeptieren? Lasse ich ihm die Freiheit, die ich mir selbst nehme?
  • Wie sieht das aus, wenn ich mich einer Gruppe zugehörig fühle?
    • Zum Beispiel der Gruppe der Christen, kann ich das in dieser Gesellschaft, oder werde ich als Christ nicht ernst genommen, z.B. von Atheisten oder Muslims?
    • Nehme ich Atheisten und Muslims ernst und gestehe ihnen als Gruppe die gleichen Rechte zu wie ich sie für meine Gruppe für berechtigt halte?
    • Beispiele wären hier: Kirchenglocken versus Kopftuch versus „Gott ist Tot“-T-Shirts?
    • Wie tolerant bin ich als Vertreter meiner Gruppe und wie tolerant ist meine Gruppe?
  • Kann ich über meinen Tellerrand hinaus sehen, und Freiheiten meiner westlichen Kultur/ Demokratie/ Wirtschaftsform auch anderen Gesellschaften zugestehen?
    • da wirds schon haarig…. Wir transportieren unseren Müll in Entwicklungsländer, wie wäre es, wenn sie ihren Müll bei uns abladen würden?
    • unsere Rinder und Schweine werden in der konventionellen Landwirtschaft mit Soja aus den zuvor abgebrannten Regenwäldern gemästet… und wir schicken dafür die Hähnchenflügel aus unseren Mastbetrieben zurück nach Afrika, denn wir wollen nur die Hähnchenbrust essen…
    • auch hier sind wir Teil einer Struktur, in der unsere Verantwortung noch begrenzter ist, als unsere Verantwortung als Teil der Gruppe, der ich mich zugehörig fühle.
    • Ich kann dadurch, das ich z.B. vegan lebe, zumindest verhindern dass ich aktiver Unterstützer der Massentierhaltung bin. Und dann gibt es da noch die Abstufungen…
    • Will ich an den politischen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Strukturen etwas ändern, kann ich demonstrieren, Petitionen verfassen, meinen Abgeordneten anschreiben, einen Verein gründen, eine Webseite erstellen…

Gleichheit

  • Was meine ich, Gleich, Gleich-Wertig, Gleich-Wichtig, Gleich-Behandlung, Gleiche Voraussetzungen schaffen? Oder läuft da eine plumpe „Gleichmacherei“ ab?
    • Ganz offensichtliche sind nicht alle Menschen gleich
    • Gleich-Wertig? Unsere Corona-Maßnahmen haben den alten Menschen im Altersheim einen anderen Wert beigemessen, als z.B. den Kindern in den Entwicklungsländern, denn die Geldflüsse und Handlungen unserer Regierung haben die Alten „geschützt“ und Projekte in den Entwicklungsländern vernachlässigt
    • Gleich behandelt haben sie aber alle, indem die Regierung nicht gefragt hat, ob der Einzelne überhaupt geschützt werden wollte. Viele Alte hätten sich bestimmt lieber noch ein letztes Mal mit den Kindern getroffen, als noch schnell eine Impfe zu bekommen.
    • … und alle müssen Masken tragen, ist das Paradebeispiel für Gleichmacherei, denn es macht alle sowohl zu potentiellen Überträgern, als auch du potentiellen Opfern.
    • Gleich-Wichtig sind wir offenbar auch nicht, denn es gibt da die vulnerablen Gruppen denen eine gewisse Priorität eingeräumt wird.
    • Und haben wir alle die gleichen Voraussetzungen zur freien Entfaltung? Auch das nicht, z.B. sind die Voraussetzungen für Kinder ein gutes Deutsch zu sprechen größer, wenn auch im Elternhaus ein gutes Deutsch gesprochen wird.
    • Ich verweise auf meinen Beitrag „Ein neues Bildungskonzept

Brüderlichkeit

  • Hier zuerst darauf hin zu weisen, dass damit die „Schwestern“ ausgeschlossen sind, ist schon ein Ergebnis der zeitgenössischen Propaganda, die am Besten noch die Ausgrenzung der LBGT– Klientel bemängeln würde.
  • Im Kontext der Zeit, könnten wir statt dessen den Begriff „Solidarität“ nehmen, der aber meiner Meinung nach nicht ganz das Gleiche trifft.
  • Solidarität bezieht sich auf Anerkennung des einen Anderen oder der einen anderen Gruppe in Bezug zu mir.
  • Menschlichkeit fände ich besser, denn Mensch ist jeder der großen Menschheitsfamilie, egal ob er zu der Gruppe gehört, zu der ich mich solidarisch verhalte, oder nicht.
  • Menschlichkeit greift weiter, während Solidarität und Brüder-/ Schwesterlichkeit immer noch Raum für Ausgrenzung lassen.

Konservativ

  • ist der, der Bewährtes nicht einfach so über Bord wirft, nur weil jemand anders plötzlich neue Ideen hat.
    • das ist die rechte Position
  • ist der, der stumpf auf alten Traditionen beharrt, obwohl das gute bessere Neue schon vor der Tür steht.
    • das ist die linke Position

Progressiv

  • ist der, der mit Enthusiasmus und Energie für den Fortschritt und die Entwicklung neuer Ideen und Technologien eintritt
    • das ist die linke Position
  • ist der, der jeden neuen Quatsch ausprobiert und haben muss, ohne zu hinterfragen, ob das überhaupt sinnvoll und nützlich ist
    • das ist die rechte Position

Und damit ist auch klar, dass es nicht so einfach ist, eine Gesellschaft entlang dieser Linien zu definieren, zumindest dann nicht, wenn die Mitglieder dieser Gesellschaft ein Mindestmaß an „selber denken“ und „hinterfragen“ praktizieren.

Definieren, Differenzieren ist Versachlichen der Diskussion und damit ein Mittel zu Verständnis und Verständigung im Gegensatz zu Manipulation und Gleichmacherei. Diese Art der Anerkennung der Unterschiede ist nicht mehr Anlass für Brüche und Ausgrenzung, sondern Toleranz und Anerkennung des Anderen, der von mir verschieden ist, auf den ich zugehen kann, der mich bereichert, weil er zu meinem Teilverständnis der Welt neue Aspekte hinzufügt.

Und die Gender-Debatte?

  • Und wieder gehts darum was ich meine:
  • das soziale Geschlecht? Das meint der englische Begriff, das deutsche „Geschlecht“ ist umfassender
    • da fällt die soziale Rollenzuschreibung rein,
    • (meine Oma meinte mal zu mir, Mädchen dürfte man zwar arbeiten sehen, aber nicht hören…)
    • Ansichten wie „Mädchen brauchen nicht studieren, die heiraten ja sowieso“
    • oder „Ein Junge weint doch nicht“
    • das alles brauchen wir heute hoffentlich nicht mehr…
  • Aber es gibt auch biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern:
    • Feinmotorik/ Grobmotorik entwickeln sich bei Jungen und Mädchen in zeitlich anderen Phasen
    • die Differenzierung des Gehirns verläuft unterschiedlich,
    • Der Hormonspiegel bei Mädchen und Jungen in der Pubertät ist unterschiedlich
  • die sexuelle Orientierung? Da käme dann die LBGT-Klientel zu den „normal Heterosexuellen“ hinzu.
    • mich interessiert die sexuelle Orientierung nur dann, wenn ich selbst sexuell an jemandem interessiert bin.
    • bzw. wenn ich das sexuelle Interesse eines anderen wecke.
    • oder wenn mir jemand im Gespräch etwas Neues dazu sagen kann
  • oder die „Gender-gerechte Sprache„?
    • die natürlich ein Abbild der Strukturen unserer Gesellschaft ist.
    • Ändert man die Sprache indem man aus „Kollegen“ (natürlich sind die Kolleginnen auch gemeint) Kolleg:Innen macht, wird die natürliche Entwicklung der Sprache im Laufe der Zeit aus „Kolleg:Innen“ „Kolleginnen“ machen und in ein paar Jahren eine neue Klientel die „Gender-gerechte Sprache“ einfordern…
  • Will man diesen „Kreislauf“ nicht, sollte man (meiner Meinung nach)
    • zum einen das grammatische Geschlecht in der Sprache wenn möglich durch neutrale Begriffe ersetzen, z.B. „Studenten“ zu „Studierenden“ machen, statt zu „Student:Innen“
    • und im Übrigen an den Strukturen arbeiten, die Ungleichheiten und Benachteiligungen erzeugen.
    • Auch an den Strukturen, die in der Schule die kleinen Jungen benachteiligen, die aufgrund ihrer anderen motorischen Entwicklung noch nicht so früh „Schönschreiben“ können.

Nehmen wir uns die Zeit zuzuhören, ein Buch zu lesen, Zeit für einen Vortrag und nicht nur für die Nachrichten… Ruhe in die Debatte bringen, dient dem gegenseitigen Verständnis und erweitert die eigenen Kenntnisse. Das ist nicht die Lösung des Problems, aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.

  • Daniele Ganser hat das in seinen Arbeiten gut erklärt und auch einen Ausweg daraus aufgezeigt:
  • Wir sind alle Teil der einen Menschheitsfamilie, und so sollten wir uns auch behandeln…

Stand 22.1.2022